Es klingt ganz offensichtlich: Wunden, auch solche die durch Operationen verursacht wurden, erhöht den Durchblutungsbedarf. Also kann eine Operation bei eingeschränkter Durchblutung dafür sorgen, dass das Angebot an Blut für das Nachbargewebe unter die Grenze fällt, die zum Überleben des Gewebes notwendig ist. Schwerwiegende Folgen wie Nekrosen und Amputationen können entstehen und so gefährliche Maßnahmen dürfen nicht durchgeführt werden.
Dieser Artikel soll darlegen, dass minimal traumatisierende Eingriffe wie Sehneneingriffe durch die Haut mit einer Nadel auch bei eingeschränkter Durchblutung möglich sind. Grundsätzlich auf alle Eingriffe zu verzichten kann das Amputationsrisiko erhöhen.

Besteht Handlungsbedarf?

Diese Einschätzung ist wesentlich. Konservative Möglichkeiten und Verbesserungsmöglichkeiten der Durchblutung sollten ausgeschöpft sein. Dazu gehören auch die Optimierung des Schuhwerks sowie empatische Gespräche zum Schuhgebrauch und zur Umsetzung von Empfehungen im Alltag. Wenn aber dennoch schmerzlose Schwielen mit EInblutungen immer wieder vorkommen, dann ist das Ulkus (= Geschwür, tiefe Wunde durch alle Gewebeschichten) absehbar und beharren auf den konservativen Möglichkeiten zunehmend riskant für den Betroffenen. Denn mit einem Ulkus wird der Durchblutungsbedarf deutlich steigen. Sollte die Durchblutung tatsächlich so schlecht sein, dass eine Minioperation gefährlich wird, dann wird ein Ulkus sich auch nicht schließen.

Abwägen des Risikos

Bei flexiblen Zehendeformitäten sind Sehneneingriffe in der Lage, die deformierten Zehen teilweise zu begradigen und Ulzera zu verhindern. So ein Eingriff kann oft minimal invasiv mithilfe von Nadeln ohne nennenswerte Verletzung der Haut durchgeführt werden (siehe Bild). Die Sehne, die durchtrennt wird, ist selbst nur wenig durchblutet und die Verletzung durch die Durchtrennung sehr gering.

Die Abwägung besteht also darin, die Intensität der beiden Verletzungen vergleichen. Je weniger Verletzung der Minimaleingriff mit sich bringt, desto gefahrloser der Eingriff.

Besteht bereits ein Ulkus, so ist der Mehrbedarf an Durchblutung durch dieses Ulkus grundsätzlich deutlich höher als durch einen perkutanen Minimaleingriff zusätzlich erforderlich wird. Gleichzeitig wird das Ulkus aber entlastet, nicht weiter traumatisiert und die Entzündungsreaktion nicht unterhalten. Besteht bereits ein Ulkus, dass durch die Deformität verursacht wurde, spricht die Bilanz oft für eine perkutane Minimaloperation.

Fazit

Eine eingeschränkte Durchblutung erhöht sowohl das Risiko, das von einer Operation ausgeht als auch das Risiko, das von einem Ulkus ausgeht. Ein Chirurg, der in minimal invasiven Techniken geübt ist, muss abwägen, wie viel Trauma er zur Korrektur der Überlastung in Kauf nehmen muss und wie viel weniger Trauma durch den korrigierenden Eingriff erfolgen wird. Diese Abwägung ergibt die beste Vorgehensweise für den einzelnen Patienten.
Pauschale Empfehlungen, in diesem Fall die pauschale Forderung nach optimalen Durchblutungsbedingungen für einen Eingriff, helfen weniger als ein individuelles Abwägen durch erfahrene Ärzte und informierte Patienten.