Etwa 5-10% der Vorstellungen von Patienten mit DFS erfolgen mit Krankentransport in die Arztpraxis. Auch wenn dies nur wenige Patienten in den Praxen ausmacht, können diese doch den gesamten Praxisablauf durcheinander bringen. Viele der Träger multiresistenter Erreger sind allgemein schwer erkrankt und werden transportiert. Der Krankentransport ist aufwändig, unbequem und manchmal schmerzhaft oder birgt Gefahren. Der pflegebedürftige Patient muss oft lange auf den Rücktransport warten, was den chronisch Kranken entnervt und die Praxis auch.

Delegierte Leistung schafft Behandlungsspielraum

Eine spannende Alternative stellt seit 2012 die delegierte Leistung „mobiles WundASS“ dar. Nach einer gezielten Fortbildung für beide Beteiligten werden ärztliche Teilaufgaben an die Fachkraft übertragen und in die häusliche Umgebung transferiert. Dies betrifft Wundversorgungen, die über einen einfachen Verbandswechsel hinausgehen und bisher typischerweise alle 14 Tage in der Fußambulanz erfolgen. Besuche in der Praxis sollen nur noch zum Erstkontakt, einem weiteren Kontakt pro Quartal sowie bei besonderen Problemen erfolgen. Ein Strukturvertrag mit Kostenträgern regelt die Vergütung.

 

Eine Situation ähnlich wie in der Fußambulanz wird dadurch erzeugt, dass die delegierenden Ärztinnen und Ärzte telemedizinisch eingebunden werden. Das mobile WundASS ist mit Smartphone, Kamera, elektronischem Endgerät mit LTE-Verbindung sowie mit einem Materialkoffer ausgestattet und kann so vor Ort den Patienten versorgen, die Gesamtsituation zuhause einschätzen und bei Bedarf die Entscheidungsgrundlage für weitere Maßnahmen übermitteln. Das WundASS gewinnt vor Ort wertvolle Einblicke ins häusliche Umfeld, die in das individuelle Behandlungskonzept mit einfließen können. Der Arzt hat jederzeit die Möglichkeit, per Bildübertragung einen Blick auf das Geschehen zu werfen und einzugreifen.

Die Versorgungsform wurde in der Praxis Dr. Engels zusammen mit Sr. Inge Wes-Baumberger ausgearbeitet und erprobt. Im Vorfeld der flächendeckenden Erweiterung wurden die Mitglieder der Fußnetze zur Diskussion eingeladen. Die dabei aufgekommenen Bedenken betrafen insbesondere das Débridement und die Haftung. Die rechtlichen Fragen wurden mit Hilfe von Prof. Volker Großkopf, Spezialist im Bereich juristischer Aspekte bei der Wundversorgung und im medizinischen Haftungsrecht geklärt. Die normalen Arzthaftpflichtversicherungen übernehmen inzwischen auch die delegierte Leistung während Hausbesuchen. Ein halbtägiger Kurs für den delegierenden Arzt und das WundASS vermittelt das notwendige zusätzliche Wissen. Er frischt die wesentlichen Inhalte des Débridements auf, vermittelt Tipps und Tricks aus der bisherigen Erfahrung und gibt rechtliche Sicherheit in den Bereichen Schweigepflicht, Delegation und Dokumentation an die Hand. Ein aufwändiger Krankentransport mit den organisatorischen Konsequenzen für die Praxis wird so in vielen Fällen unnötig. So kann die Versorgung immobiler Patienten mit DFS wesentlich effizienter gestaltet werden.

Ein ASS im Ärmel für Ihre Fußambulanz

Es ist sicherlich nicht ganz einfach, diesen Schritt zu organisieren und umzusetzen. Die Praxis hat gezeigt, dass Wundassistenten mit der telemedialen Unterstützung ihrer Ärzte zu einem wichtigen Partner vor Ort beim Patienten werden können. Als Name für diese delegierte Leistung wurde einstimmig der Begriff „das mobile WundASS“ gewählt, denn diese Fachkraft ist ein ASS im Ärmel bei schwierigen Situationen – auch aus Patientensicht. Das betrifft nicht nur das Wegfallen belastender Krankentransporte, auch längere Krankenhausaufenthalte lassen sich so mitunter vermeiden. 


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