Ein regionales Netzwerk biete die ideale Struktur für die Versorgung der Patienten mit diabetischem Fußsyndrom (DFS) – darüber waren sich die Gründer bei der Bildung des Netzwerks Diabetischer Fuß Köln und Umgebung e.V. einig. Denn gerade die Behandlung des DFS fordert gleich mehrere Fachrichtungen auf einmal und benötigt günstigste Bedingungen. Das Wesensmerkmal der Erkrankung ist eine nervlich bedingte Schmerzarmut in verschiedenen Ausprägungen. Fehleinschätzungen auf Seiten der Betroffenen und der nicht spezialisierten Behandler sind daher an der Tagesordnung. Unnötig hohe Amputationszahlen sind immer noch die Folge. Vorbilder für die Kölner gab es z.B. in Hamburg, Essen und Leverkusen. Dort trafen sie Interessierte in einem informellen Rahmen.
Mit Unterstützung zum prototypischen Netzwerk
Es war offensichtlich, dass unter den verschiedenen Behandlern eines Menschen mit DFS mehr Kommunikation und Methodik gefragt waren. Die Unterstützung durch große Kassen war unerlässlich und brachte neben Ressourcen auch Verbindlichkeit in die Netzwerkversorgung. Mit der Einführung der integrierten Versorgung im Rahmen der Gesundheitsreform 2004 und nach 1,5 Jahre dauernden Gesprächen mit verschiedenen Krankenkassen konnte schließlich die Grundlage für eine dringend benötigte Förderung des Netzwerks geschaffen werden.
So wurde der Prototyp des Netzwerkes Diabetischer Fuß – das
Netzwerk Diabetischer Fuß Köln und Umgebung e.V. – gegründet und gewann sukzessive Mitglieder aus den beteiligten ambulanten und stationären Behandlungsgruppen:
- Diabetische Schwerpunktpraxen,
- Praxen für Chirurgie,
- Krankenhäuser mit Schwerpunktabteilungen für Diabetologie
- Kooperationen mit podologischen Praxen, Orthopädie-Schuhtechnik, Sanitätshäusern, ambulanten Pflegediensten und häuslicher Krankenpflege.
Die Betreuung der Betroffenen ist notwendigerweise ebenenübergreifend (ambulant und stationär), interdisziplinär (Chirurginnen/-en, Internistinnen/-en, Diabetologinnen/-en, Angiologinnen/-en etc.) und interprofessionell (Ärztinnen/-e, Pflegende, Podologinnen/-en, Orthopädieschuhmacherinnen/-er und Orthopädieschuhtechnikerinnen/-er). Das Kölner Netzwerk folgt dem Anspruch, die Menschen mit DFS in einer Region zu versorgen und dabei seinen eigenen Leitprinzipien aus hochwertiger Behandlung (erfahrene Behandler, gute Zusammenarbeit / Integration, Qualitätskontrolle / Transparenz), flächendeckender Versorgung (möglichst viele Patienten werden erreicht) und wirtschaftlicher Organisation (unter ökonomischen Gesichtspunkten) gerecht zu werden. Auch die Einführung des Zweitmeinungsverfahrens ist ein wichtiger Erfolgsfaktor des Kölner Netzwerks.
Strukturen für weitere Netzwerke wurde geschaffen
Das Besondere am Netzwerk Diabetischer Fuß ist die arbeitsteilige Versorgung einzelner Patienten. Jeder mach nur was er kann mit Vorteilen für Wirtschaftlichkeit und Qualitätssteigerung. Dazu dienen abgestimmte Methoden, standardisierte Behandlungspfade und eine institutionsübergreifende Befundmappe mit den Patientendaten. Die Dokumentation zur Qualitätssicherung erfolgt in einem überregionalen Register, dem „DFS-Register„. Ein ganz wichtiger Aspekt ist jedoch auch der Spaß an der Arbeit. Denn das Netzwerk kann ganz wesentlich dazu beitragen, jeden einzelnen Beteiligten in seinem Tun erfolgreicher zu machen und den Erfolg erkennbar darzustellen. Ein Netzwerk repräsentiert die Arbeit der Gruppe auch nach außen. Hinzu kommt, dass man Mitstreiter auf Augenhöhe gewinnt.
Ist ein Netzwerk erfolgreich, so wird es auch leichter, an die notwendigen Mittel zu kommen. Aus Routinedaten der Krankenkassen aus dem Kölner Netzwerk konnte im Folgenden neben Einsparungen eine erhebliche Qualitätsverbesserung nachgewiesen werden, weswegen der Vertrag auch nach der Anschubfinanzierung weiter fortgesetzt und entwickelt wurde. In Nordrhein, Hamburg und Berlin bestehen solche arbeitsteiligen Netzwerke. Sie setzen Selektivverträge mit 10 gesetzlichen Krankenkassen um und verwenden die gleichen Dokumentationsinstrumente. In den 7 Netzwerken mit 103 Einrichtungen werden derzeit ca. 20.000 Menschen mit DFS behandelt, etwa die Hälfte mit einem aktiven DFS. Aber auch gute Ideen setzen sich nicht immer durch, wenn die Organisatio nicht reibungslos funktioniert. Daher wurde von Ärzten aus den Netzwerken die CID GmbH („Centrum für Integrierte Diabetesversorgung“) gegründet, die die Aus- und Weiterbildung der Beteiligten übernimmt, für die Entwicklung und Verbreitung neuer Techniken sorgt und die Aufmerksamkeit für das Krankheitsbild steigert. Auch die Aufmerksamkeitskampagne „Amputation verhindern“ und eine zentrale Notrufnummer zusammen mit der AG Fuß sind Teil der Öffentlichkeitsarbeit.
Der Erfolg wird gewürdigt
Im Jahre 2012 haben die Netzwerke Diabetischer Fuß Nordrhein den Gesundheitspreis NRW „aufgrund des besonders innovativen Charakters für die Weiterentwicklung des nordrhein-westfälischen Gesundheitswesens“ erhalten. Dabei wurde gewürdigt, dass die Notwendigkeit von Beinamputationen innerhalb der Netzwerke um drei Viertel gegenüber dem Bundesdurchschnitt gesenkt werden konnte. Die Betroffenen wurden seltener arbeitsunfähig und pflegebedürftig. Sie mussten seltener stationär aufgenommen werden und weniger starben im Beobachtungszeitraum.
Hoher Nutzen für Ärzte und Patienten
Die Zusammenarbeit der verschiedenen ärztlichen Einrichtungen und ihrer Partner sorgt für eine gezielte und zügige Versorgung der Patienten. Die Patienten sind in eine organisierte Behandlungskette eingebunden, die ihnen die eigene Suche nach den richtigen Spezialisten abnimmt. Doppel- und Mehrfachuntersuchungen sowie unnötige Belastungen werden vermieden. Auch die Übergänge von ambulanter und stationärer Behandlung verlaufen ohne Bruch. Ärzten und Behandlern in diesem Netzwerk steht eine ausgezeichnete Weiterbildung zur Verfügung, die weit über den klassischen Ausbildungsstand hinaus geht. Dabei werden sie Teil eines Expertenteams, was sich sukzessive gegenseitig durch Erfahrungsaustausch weiter qualifiziert. Sie profitieren von einer aufwandsgerechten Vergütung und einer netzwerkübergreifenden Öffentlichkeitsarbeit. Ein Arzt, der Teil dieses Netzwerks ist, kann viel mehr bewirken als ein Einzelkämpfer und es bleibt wesentlich weniger dem Zufall überlassen.
Meine Tante hat Diabetes und dadurch einen diabetischen Fuß. Es ist super, dass es solche Netzwerke gibt und dadurch sogar die Notwendigkeit von Beinamputationen innerhalb der Netzwerke um drei Viertel gegenüber dem Bundesdurchschnitt gesenkt werden konnte. So was lese ich immer gerne.
Danke für den wertschätzenden Kommentar!